Ob Rückblick oder Blick voraus, jeder Blick auf das, was momentan abläuft, lässt schreien. Wir sehen den Aufschwung völkisch-autoritärer Politik-Konzepte, wir sehen Wut und Angst, die sich in Aggression gegen noch Schwächere verwandelt. Die Klimakrise schreitet ungebremst voran, Kriege erscheinen als Normalität, auf die man sich einzustellen habe. Auch die Regierungspolitik wird im Diskurs und in handfesten Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen zunehmend autoritärer. Vor kurzem noch kaum vorstellbare Phänomene wie „Tradwives“ mit massenhaft Follower*innen oder Angriffe auf CSD-Veranstaltungen sind nicht mehr ungewöhnlich. Auch die – planmäßige oder konkursbedingte – Schließung von Krankenhäusern, Pleiten sozialer Dienste, steigende Mieten und Lebensmittelpreise usw. sind Entwicklungen, vor denen wir nicht die Augen verschließen dürfen.
So viel Scheiß, und es fehlt eine starke Gegenbewegung, die auch außerhalb linker Szenen Ausstrahlung besitzt. Angesichts dessen bewegen wir uns weniger wie Fische im Wasser, sondern ziemlich auf dem Trockenen. Umso wichtiger ist es, wahrzunehmen, was es eben doch an Ansätzen gibt. Momente der Gegenwehr wie im Berliner Kitastreik oder gelebte Alternativen wie in vielen kleinen und großen Projekten, z.B. den Stadtteilgesundheitszentren und den Versuchen, in Hausprojekten und Mehrgenerationenhäusern solidarisch miteinander zu leben. Auch die Vergesellschaftungskonferenzen 2024, an denen Care Revolution als Mitorganisator*innen (‚Let’s Socialize‘) oder mit einem Workshop (‚Vergesellschaftet Bayern‘) beteiligt war, zeigten das Interesse an grundlegend anderen Wegen.
Versuche, Alternativen Raum zu verschaffen, finden auch in der Care-Bewegung auf verschiedene Weise statt: Es gibt Beiträge zur theoretischen Erklärung der Zusammenhänge. Es werden Vorschläge gemacht, an welchen Themen sich verschiedene Menschen und Bewegungen treffen können. Und vor allem finden entsprechende Versuche statt, indem ganz konkret Räume der kollektiven Gestaltung erkämpft, eingefordert oder selbst hergestellt werden. Nicht von ungefähr haben Sorgezentren und Sorgende Städte als Themen auf der Konferenz ‚Socialize it‘ und bei unserem Jubiläum in Leipzig großen, vielleicht den größten, Anklang gefunden.
Denn diese Erkenntnis kann uns als Menschen, die sich care-politisch organisieren, niemand nehmen: Wir sind soziale und verletzliche Wesen, aufeinander und auf die ökologischen Systeme, deren Teil wir sind, angewiesen. Deshalb benötigen wir eine Gesellschaft, in der Beziehungen zwischen Menschen im Mittelpunkt stehen, die die Sorge füreinander und faire Teilung der Arbeit und ihrer Produkte unterstützt – im Wissen, dass es den einzelnen nur gut gehen kann, wenn es den Menschen um sie gut geht. Eine Gesellschaft, in der Sorge und Solidarität im Mittelpunkt stehen, die anerkennt, dass es sich in bewahrten Ökosystemen und geschwisterlich besser lebt als in Zerstörung und Konkurrenz.
Große Ziele, große Themen. Nicht weil wir großmäulig oder überoptimistisch sind, sondern weil die Schieflage so umfassend ist. Wie positionieren wir uns und welche Schritte sind uns, so wie wir momentan aufgestellt sind, möglich? Gemeinsam diskutieren wir das auf dem Care Revolution-Netzwerktreffen. Hier hat sich ein neuer, jetzt aber bereits vertraglich feststehender Termin ergeben: 25.-27. April 2025 in der Jugendherberge Frankfurt/Main. Anmeldungen sind demnächst möglich. Haltet euch diesen (jetzt endgültigen, tut uns leid!) Termin frei! Bis dahin und immer: Schickt uns eure Ideen, Aktionsberichte, Termine, damit die neugestaltete Website lebendig und nützlich wird!
Außerdem begrüßen wir mit der Sorge-AG des Bezirksverbands Berlin-Neukölln der Partei Die Linke eine neue Kooperationsgruppe. Nächste Anregung: Überlegt doch in eurer Gruppe oder Orgnisation, ob ihr ebenfalls Kooperationsgruppe im Netzwerk werden wollt!
Schließlich noch ein Hinweis: Solidarisch Sorgen e.V., ebenfalls Kooperationsgruppe im Netzwerk, schreibt eine Teilzeitstelle aus, mit der im Rahmen dieser Kooperation auch das Netzwerk Care Revolution unterstützt wird. Die Bewerbungsfrist geht noch bis Ende Januar, Details findet ihr hier!
Auf in ein energiegeladenes 2025; herzliche Grüße von eurem Infomail-Team
