Selbstfürsorge für Pflegende – Vom Glauben an die Selbstwirksamkeit

Steuerrad

Pflegende drehen häufig am Rad. Nicht am Rad allerdings für das große Los, leider. Denn keine der Gesundheitsreformen der letzten Jahre hat für Pflegende in Hinsicht auf Arbeitsbedingungen und eine angemessene Vergütung nennenswerte Verbesserungen gebracht. Es ist eher das Hamsterrad, in dem Pflegende sich unablässig aufreiben. Getrieben von zu hoher Arbeitsdichte, Bürokratie, Schichtdienst, Personalmangel und schlechter Bezahlung.

Drei Wünsche

Wer gerne pflegt und mit dieser Tätigkeit 1. seinen Lebensunterhalt verdienen möchte, 2. diesen Beruf lange ausüben und dabei 3. gesund bleiben will, sieht sich vor das Problem gestellt, gleich drei Wünsche auf einmal zu haben. Da zurzeit keine gute Fee in Form eines politischen Willens in Sicht ist, um die Situation für Pflegende grundlegend zu verbessern, werden sich diese Wünsche sicherlich nicht so ohne Weiteres erfüllen. Umso wichtiger ist es da, sich auf sich selbst zu besinnen und trotz und gerade wegen hoher Belastungen für sich selbst zu sorgen.

Ich halte es an dieser Stelle allerdings für überflüssig auf Entspannungsverfahren, Yoga, Sport oder ausgewogene Ernährung usw. hinzuweisen – all das ist Pflegenden hinlänglich bekannt. Vielmehr scheint mir ein Widerspruch in unserer Zeit am Umsetzen von alternativen Handlungs- und Lebensweisen hinderlich zu sein: auf der einen Seite der Anspruch, dass doch – am besten mit ein paar wenigen Klicks und Rund um die Uhr – alles machbar und möglich sein müsse, während auf der anderen Seite der Glaube an das Einfachste, nämlich selbst etwas verändern und bewegen zu können, verloren zu gehen scheint.

Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“

So die alte Binsenweisheit, dass Veränderungen immer bei einem selbst anfangen, mit den Worten Mahatma Gandhis. Dieser Ausspruch verweist auf eine bewusste Haltung, die auch eine Aufforderung enthält: kenn Dich selbst und kenne die Welt. Setz dich mit deinem Selbst und mit der Welt auseinander.

Das kann insbesondere für Pflegende bedeuten, nicht nur die Bedürfnisse der ihnen Anvertrauten zu kennen, sondern auch die eigenen. Das kann bedeuten, sich Zeit zu nehmen für Selbstreflexion und das eigene Denken ernst zu nehmen. Das kann bedeuten zu lernen, wer man ist, an welcher Stelle man im Leben steht und wo man sich in der Welt positioniert. Das ist auch die Gelegenheit, Unwesentliches zu erkennen und sich von unnötigem Ballast zu befreien. Sicher, dieser Appell enthält auch die Herausforderung, unserer getriebenen Zeit Zwischenräume entgegen zu setzen.

Dazu braucht es mitunter Entschiedenheit, die Bereitschaft auch mal auf etwas zu verzichten und die Fähigkeit zur Abgrenzung. Doch dieser manchmal mit Konflikten einhergehende Weg lohnt sich. Denn es sind gerade diese Zwischenräume, in denen sich die Wirksamkeit des Lebens entfaltet. Und genau dort ist es möglich, in der gewonnenen Klarheit eigene Ressourcen zu entdecken und schließlich kreativ in die Alltagswelt einzubringen. Es ist diese Erfahrung, die es ermöglicht, den Glauben daran, für sich und in der Welt das Gute bewirken zu können, wiederzufinden. Und es ist diese Erfahrung, die auch Kräfte freisetzt, bei Vorgesetzten, in der Gesellschaft oder in der (Berufs-)Politik für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege zu kämpfen.

Janet Smith, Juni 2017


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